Ein großes Herz

„Ein großes Herz“ im Theater Mobile

Bereits beim Betreten des Theaters wird klar, was es mit dem Titel auf sich hat. Ein, überdimensionales Herz aus rotem Samt, geheimnisvoll indirekt beleuchtet, das an eine Schmuckschatulle erinnert, in der man sich auf einem Sofa niederlassen kann, überstrahlt den Raum. Es steht links neben der Bühne, die offen, tief und leer ist, und um einen Laufsteg ins Publikum erweitert wurde. Wer das Theater kennt wurde überrascht von einem in vielen Details veränderten Gewölbekeller im alten Amtsgericht.

Die Flexible Compagnie bezeichnet ihr Werk als Tanz-Theater-Stück. Man könnte es auch Musical nennen, wobei das nur dem leichten, unterhaltsamen ersten Eindruck gerecht würde und nicht der mitschwingende Tiefe.
Die Handlung besteht aus zwei ineinander verwobenen Erzählsträngen: Ein Elternpaar begegnet sich nach seinem Tod überraschenderweise im Herzen ihres Sohnes wieder. Dieser wiederum will eigentlich nur mit seinen sieben Freundinnen einen unterhaltsamen Abend im Theater verbringen. Alle zusammen werden in eine Handlung verwickelt, die ihr bisheriges Lieben und Leben noch einmal Revue passieren lässt – mit seinen Höhen und Tiefen – und schließlich zu neuen Erkenntnissen führt. Die Zuschauer erlebten das in einer raschen und kurzweiligen Abfolge von Tanz und Spielszenen, mit denen der Bogen vom allerersten Verliebtsein bis zum Ende einer längeren Beziehung im Alter gespannt wird. Dazwischen liegen unter anderem das Ausprobieren, Finden und Trennen, eine rosarote Liebe, diverses Scheitern, die Midlife-Crisis sowie Fluchtversuche in Drogen, Arbeit oder Ortswechsel.
Obwohl all das mit Pause fast drei Stunden beanspruchte, kam zu keinem Moment Langeweile auf. Die schnellen Wechsel, die Vielfalt der Tanzszenen sowie die Nutzung des gesamten Theaters als Spielfläche sorgten für einen phantasievollen und abwechslungsreichen Abend, an dem sowohl gelacht als auch geweint wurde..
Geschrieben wurde das Stück von Gunter v. Stritzky, der bereits vor 5 Jahren mit der Aufführung „Dreiunddreißig“ für ausverkaufte Vorstellungen sorgte. Er inszenierte auch dieses neue Werk zusammen mit den Darstellern Anne Drischel, Christiane Hähn-Jakobs, Hedwig Busalt-Keune, Lolita Obermeyer, Nicola Burger, Petra Reinheimer, Uschi Obermaier, Uta Spiegel und Erwin Jäger. Sie alle spielen, tanzen und singen in einer Weise, der man ihr lust- und liebevolles Miteinander ansieht. Das Publikum hatten sie sofort auf ihrer Seite. So gab es viel Szenenapplaus und am Schluss Standing Ovations.


Wesentlich zum Zauber dieser Aufführung hat das von Patrik Erni (Theater Mobile) gestaltete Bühnenlicht beigetragen, sowie die vielen phantasievollen Kostüme, zusammengestellt von der Stylistin Isabell Thiemann-Pohl. Für den rockigen Livesound der kleinen Band, bestehend aus Harfe, Cello, Schlagzeug und mehrstimmigem Gesang, sorgte Thomas Strunden, Die eingespielte Musik verantwortete Ulrike Hapke, das elfte Mitglied der Compagnie.
Nach dem Stück wurde jeweils bis spät in die Nacht mit dem Publikum gefeiert und getanzt. So wurden daraus drei „ausverkaufte“ Feste, wie sie das Theater noch nicht erlebt hat.

Nach anfänglicher Skepsis dem Projekt gegenüber ließ sich Leo Ohrem als Leiter des Theater Mobile schließlich auch noch zu einer Mitwirkung an der aufwändigen Technik der Aufführungsabende mitreißen. Aus dem ursprünglich als Gastspiel geplanten Werk wurde eine echte Koproduktion der Flexiblen Compagnie mit dem Theater Mobile – angesteckt von der Truppe sich liebender, lachender, kuschelnder und küssender Frauen und Männer, die genau das ihrem Publikum auch gerne zeigte. „Als Zuschauer und Gastgeber kann man ihnen nur wünschen, dass es zu weiteren Darbietungen von „Ein großes Herz” kommt“, fasst Leo Ohrem sein Erleben zusammen und ergänzt: „Wir werden alles versuchen, dies zu ermöglichen. Denn diese Art von Theater möchte ich sehr gerne öfter auf unserer Bühne zeigen.”